Nach vielen Wochen des Stillstands wagt die Kreuzfahrtbranche einen Restart und wir sind dabei! An Bord der MS Fridtjof-Nansen von Hurtigruten geht es entlang der norwegischen Fjorde bis zum Nordkap (24.07.-07.08.2020). Jedoch ohne Landgänge in Städten (Ausnahmen: Geiranger und Honningsvag/Nordkap in eigenen Bussen) sondern nur mit Anlandungen in der Natur, wo wir unter uns sind! Die „neue“ Art des Reisens ist anders, bewusster, in dem Fall naturverbundener, aber anders ist nicht schlecht, sondern hier einfach wunderbar entschleunigend!
Wir möchten hier aber auch immer wieder, neben unseren Eindrücken und Erlebnissen, auf die Unterschiede zwischen einer normalen Kreuzfahrt und einer Expeditionskreuzfahrt eingehen. Denn diese sind gravierend. Es beginnt einmal bei der Schiffsgröße und den Gästezahlen, an Bord der MS Fridtjof Nansen hätten maximal 526 Gäste Platz, wir sind momentan mit nur 170 Gästen unterwegs - ein 1:1 Verhältnis von Crew und Gästen - ein Traum!
Wir haben den ersten Seetag genutzt, um die MS Fridtjof-Nansen, das jüngste Hybrid-Expeditionsschiff, zu erkunden, erste Vorträge zu genießen, auch kulinarisch in Norwegen „anzukommen“ und unsere Fitness nicht zu vernachlässigen! Die wichtigste Frage sei aber auch gleich geklärt: Nein, es gibt endlich keinen Duschvorhang mehr! Dieser ist einer modernen Nasszelle gewichen! Und nicht nur das, auch ein Infinity-Pool, ein moderner Fitness-, Beauty- und Saunabereich haben Einzug gehalten. Es gibt keine Innenkabinen und auch die kleinen Sofa- und Klappbetten wurden durch komfortable Doppelbetten mit wirklich traumhaften Matratzen und Bettdecken ersetzt. Je nach Geschmack kann man in den Kabinen nun auch zwischen einem Sofa oder „Lazy-Boys“ als Sitzgelegenheit wählen. Ihr möchtet wissen, was ein „Lazy-Boy“ ist? Wir sind auf Eure Vermutungen gespannt ;-).
Nun aber zu den unfassbar schönen Aussichten, die immer garantiert sind. Der erste Höhepunkt war selbstverständlich der Geirangerfjord, die „Sieben Schwestern“ haben es uns angetan! Mit dem Kajak haben wir die atemberaubende Kulisse noch näher erleben können (wenn man die Ausrüstung betrachtet, hätten wir auch den Mond erkunden können). Es sind einzigartige und bewegende Momente für uns an Bord und wir genießen jede Sekunde! Die Reise ist durch die Abwechslung wirklich für jedes Alter geeignet.
Diese Reise ist für mich eine in die Vergangenheit, in meine Reiseleiterzeit auf der Maxim Gorki und in die Zukunft, in eine Reisezeit mit und nach Corona, in der wir unsere Urlaubsform sehr bewusst wählen, vielleicht auch einmal gänzlich verändern. Das ich Natur, Wandern und Seefahrt liebe, das war mir vorher klar, aber eine Kreuzfahrt ohne wirklichen Landgang in einer Stadt? Nur eventuelle Anlandungen, Entdeckerfahrten in den kleinen Expeditionsbooten der Fridtjof Nansen und Natur, Natur, Natur? Ein ganz klares JA! Noch keine Seite in meinem Buch ist gelesen, der Fernseher hat absolute Sendepause und es gibt keine Sekunde Langeweile! Nur Staunen, Genießen, Entspannen, Entdecken und glücklich Sein.
So entscheiden wir uns beim Svartisen-Gletscher erneut für eine sportliche Tour und wandern bis zur „Brestua“ und weiter bis zum Gletscher! Dafür benötigt man neben festen Wanderschuhen und Wasser einfach nur 3 Stunden Zeit. „Ich glaub mich knutscht ein Elch?“ Auch das wäre durch einen Besuch auf einer Elchfarm möglich. So schön - so unvergesslich! Wer nicht wandern möchte kann hier ganz bequem in den Transferbus einsteigen oder sich vorab für 9,- € ein Fahrrad an Bord mieten. Selbstverständlich werden auch die Kajaks wieder startklar gemacht vielleicht traut sich ja jemand auf die SUPs und auch das Science-Boot fährt wieder mit Gästen hinaus um Wasserproben zu nehmen.
Jeder Tag überrascht mit neuen, faszinierenden Landschaften - mittlerweile zeigen sich die Inselwelt der Lofoten und der Trollfjord von ihrer wirklich schönsten Seite. Wir haben uns für eine Wanderung zur Trollfjord-Hütte entschieden und später für einen Nachmittag im und am Pool, auch das darf einfach nicht fehlen! Mittlerweile sind wir auch total entspannt, können uns zu 100% auf das Expeditionskonzept einlassen. So freuen wir uns auf die abendlichen Zusammenkünfte, in denen das Expeditionsteam auf charmante Weise den Tag revuepassieren lässt und uns Informationen und Tipps für den nächsten gibt. Natürlich gibt es ein Tagesprogramm, jedoch wie es sich für ein umweltbewusstes Konzept gehört, auf einer App. Hier können auch die Menüs der Restaurants eingesehen oder Ausflüge gebucht werden. Und selbstverständlich werden alle Vorträge oder Zusammenkünfte immer auch auf der Kabine im Bordfernsehen übertragen, so kann jeder Gast ganz individuell entscheiden, wie und wo er daran teilnehmen möchte. Und bei Fragen, da gehen
wir gerne auf Deck 6 zum Science-Center, wo man immer ein Teammitglied des 13-köpfigen Expeditionsteams findet oder man trifft sich draußen an Deck - auch hier bieten sich immer wieder Gelegenheiten für einen persönlichen Austausch.
Nach einer Woche des Genießens (mit Bedacht), zeigt die Welt gerade wieder wie schnell uns die Realität einholt. Das Schwesternschiff der Fridtjof Nansen, die Roald Amundsen, meldet am Nachmittag des 31.07. vier Corona Fälle in der Crew. Wie fühlt es sich an, wenn man sehr nah dran ist und sich in ähnlicher Situation befindet? Wir sind an Bord der Fridtjof Nansen, haben selbstverständlich die letzte Woche Abstand gehalten und uns an das Hygienekonzept gehalten und doch auch - das muss ich zugeben - bei strahlendem Sonnenschein, Wanderungen und einer märchenhaften Dauerkulisse, die an einem vorbeizieht, sich schnell und gerne in einer gewissen „Urlaubssicherheit“ gefühlt. Dass es diese Sicherheit nicht gibt - hier an Bord wie auch an Land - möchten wir einfach manchmal vergessen - dürfen wir aber nicht.
Es ging hier an Bord bei den Nachrichten weder ein Ruck noch ein Aufschrei durch das Schiff, eher ein Innehalten, ein tiefes Durchatmen, ein „hoffentlich nicht auch wir" ... Werden wir morgen in Honningsvag an Land gehen dürfen und wollen wir das überhaupt? Vergisst man die Risiken wieder wenn es um den eignen Verzicht geht? Und ist das verwerflich oder ein momentanes einzukalkulierendes Risiko? Die Ersten haben Ihre Tickets für den morgigen Ausflug zurückgegeben, auch, wenn für rund 150 Gäste sogar 5 Busse bestellt wurden. Jeder hat eigene Bilder und Gedanken im Kopf und muss am Ende auch für sich verantwortlich entscheiden.
Nach einer kurzen Nacht hat uns in Honningsvag das typische Nordkap Wetter empfangen - 10 Grad und Nebel - und die Ausflugsbusse! Das bedeutet uns allen geht es gut, wir dürfen an Land und setzen die Reise wie geplant fort. Wichtig hier auch noch einmal zu erwähnen, dass sich an Bord wirklich an alle Auflagen gehalten wurde und wird: regelmäßiges Fiebermessen, ständiges Desinfizieren, Abstand bei Essen und Vorträgen. Selbst wenn wir Gäste sorglos die Handys für Fotos weitergeben, wird darauf aufmerksam gemacht dies bitte zu unterlassen. Und so fuhren auch fast alle Reisende mit Mundschutz zum Nordkap, um dort tatsächlich (fast) die einzigen zu sein. Mystisch im Nebel präsentiert sich der nördlichste Punkt Europas.
Ein Muss übrigens hier am Nordkap ist auch der Besuch des Kinos! Hier werden eindrucksvoll und kurzweilig die 4 Jahreszeiten präsentiert - 15 Minuten zurücklehnen und genießen.
An Bord werden abends all unsere Sinne beim großen Seafood-Buffet angesprochen, was für eine Auswahl an Köstlichkeiten!
Die Reise führt uns weiter nach Mefjorden bei Norwegens zweitgrößter Insel Senja und das wieder bei schönstem Wetter! Gemeinsam mit dem Expeditionsteam starten wir mit einer Wanderung, was dabei im Sommer nicht fehlen darf: Mückenschutz! Dafür wurden wir mit blühender Natur belohnt - und nachmittags weiterhin mit Sonne satt!
Aber irgendwie fehlt uns nun auf dem Weg zurück gen Süden auf unserer Balkonkabine an der Backbordseite die Abend- und Morgensonne - das war schon ein Traum! Aber wie immer auf diesen Reisen gibt es diesen Luxus entweder auf dem Hin- oder Rückweg.
Und dann - am 03. August 2020, 23.35 Uhr - ist auch bei uns Covid-19 ganz nah und präsent. Drei Crew-Mitglieder zeigen leichte Grippe-Symptome, sie werden isoliert und die Behörden informiert. Dies teilt der Kapitän über Bordlautsprecher mit. Am 4. August gegen 10.00 Uhr wird der Lockdown angeordnet und die gesamte Crew sowie Gäste müssen auf Ihren Kabinen bleiben. Alles läuft vorbildlich an Bord, alle Gäste der Außenkabinen ziehen in Balkonkabinen um, die gesamte Crew wird auf Covid-19 getestet und auch den Gästen wird diese Möglichkeit angeboten, all das wird binnen weniger Stunden an Bord organisiert. Ein Stopp in Bergen, um alle Proben an Land zu geben und nun heißt es warten. Große Erleichterung, als bekanntgegeben wird, dass die gesamte Crew negativ getestet wurde, dann auch die erlösende Nachricht: Kein positiver Befund bei den Gästen. Nach knapp 50 Stunden wurde der Lockdown von den Behörden aufgehoben, unser Anleger in Hamburg ist bestätigt.
Nach zwei fantastischen Wochen sind wir wieder gesund und glücklich in Hamburg angekommen. In den letzten Stunden an Bord verwöhnten uns die Sonne, die Crew und auch Hamburg empfing uns strahlend! Welch ereignisreiche und doch auch erholsame wie abwechslungsreiche Expeditions-Kreuzfahrt geht zu Ende!
Und eigentlich wollte ich am Ende noch einmal die Fjorde aufzählen, durch die wir gefahren sind: Allein an den ersten zwei Tagen bis zum Geirangerfjord habe ich 32 gezählt...es ist schier unmöglich, hier einen kleinen Überblick zu geben. Mein Tipp: Willkommen an Bord und selbst erleben...dann wissen auch Sie bald, wie viele Worte die Samen für die Farbe weiß oder den Schnee haben...!
Das war ganz sicher nicht unsere letzte Expeditionsreise! Ihre Bettina Zwickler